Bumm! Peng! Bumm! Plopp! Bumm! KAAWUMMM!
Na? Hat jemand eine Ahnung, was das sein könnte? Der Klang eines Tischtennis-Ballwechsels vielleicht, am Ende mit einer krachenden Vorhand? Blödsinn, natürlich nicht! Erstens spielen wir gar nicht so laut, zweitens ist gerade Sommerpause - ich bin mir nicht mal sicher, ob wir den Ball zurzeit so oft hintereinander treffen würden. Nein, so oder so ähnlich muss es in China geklungen haben; dort, wo die Tischtennisbälle hergestellt werden.
Tischtennisbälle bestehen bekanntlich aus Zelluloid, und über Zelluloid lassen sich einige interessante Dinge berichten. Zum Beispiel, dass dieses Zeugs überall längst abgeschafft wurde, wo klar denkende Menschen unterwegs sind: Puppen, Kugelschreiber, Kämme, alles besteht längst aus Plastik, selbst Filme werden seit den Fünfzigern auf Polyester gebannt. Von wegen Träume aus Zelluloid! Geträumt haben eigentlich nur die Tischtennisspieler, denn wir spielen heute noch damit; mit einem Material, dessen Herstellungsprozess mit dem von Nitroglycerin fast identisch ist. Zelluloid kann verpuffen, in Stichflammen abfackeln, sich selbst entzünden. Kein Witz, das Zeugs ist nicht ohne. Die Bälle kommen deshalb nur mit dem Schiff nach Europa, in Flugzeugen sind sie verboten. Und in China (wenn man dem glauben darf, was da neuerdings so verbreitet wird) sind Tischtennisball-Fabriken ziemlich regelmäßig in die Luft geflogen. Einfach so. Bumm! Peng!
Tischtennis wird oft als explosiver Sport bezeichnet (obwohl ich etliche Gegenbeispiele wüsste), nur war mir lange nicht klar, dass sich das auf die Bälle bezieht. Wir betreiben eine Hochrisikosportart! Der Weltverband hat deshalb beschlossen, dass von der kommenden Saison an Bälle aus Plastik zu bestehen haben, womit eine Ära endet. In den unteren Ligen gelten jedoch Übergangsfristen, dort werden die alten Zelluloid-Bälle aufgespielt. Da wir uns aus Sicht des Weltverbands ziemlich eindeutig in einer niedrigeren Liga befinden, gilt das auch für uns. Sollte also mal einer von euch zufällig bei unseren Spielen vorbeischauen, denkt daran: Bis auf Weiteres wird hier quasi noch mit Nitroglycerin hantiert. Haltet Abstand! Ich persönlich habe mir fest vorgenommen, künftig nicht mehr so fest draufzuhauen. Sicherheitshalber. Ich habe Frau und Kinder.
So viel zur Materialkunde. Eigentlich wollte ich euch ja etwas über unsere Mannschaften berichten. Wir wussten bis jetzt selbst nicht, was wir für Draufgänger sind, allerdings haben wir einen in unseren Reihen, bei dem es eigentlich verwundert, dass ihm nicht schon längst ein paar Bälle vor der Nase explodiert sind. Ich werde seinen Namen hier besser verschweigen, weil ihm das Folgende vielleicht etwas peinlich sein könnte – nennen wir ihn also K. Alles fing damit an, dass wir K. vor gut einem Jahr in die erste Mannschaft befördern wollten.
Kaum stand das fest, unterlief ihm ein kleines Missgeschick: Er plumpste mit dem Fahrrad in eine spärlich beleuchtete Baugrube. Auf der Liste der verletzten Körperteile befand sich unter anderem die rechte Schulter, die er wenige Wochen später einer erneuten Belastungsprobe unterzog: als er im Stechschritt mit dem Ärmel an einer Tür hängen blieb. K. ist ein zäher Bursche, er hat sich rasch erholt, beim Treppenwischen ist er noch mal rasch die Treppe hinabgestürzt, dann zog er sich einen Muskelfaserriss und eine Bauchmuskelzerrung zu, bei deren Untersuchung mittels Computertomografie ihn das Kontrastmittel in einen allergischen Schock versetzte. Aber dann war er auch schon fast einsatzbereit – und die Saison zu Ende. Wir haben Kay, äh ..., ich meine natürlich K., in der kommenden Saison natürlich erneut für die erste Mannschaft eingeplant. Mal schauen, was er sich einfallen lässt. Bisher ist er nur mal fast vom Berg gestürzt, hatte aber das Glück, dass ein paar junge Latschenkiefern vorbeigelatscht kamen und ihn auffingen. Aber wer weiß, vielleicht fällt ihm gerade ein Klavier auf den Kopf, während ich diese Zeilen schreibe, oder er läuft gegen eine Glasscheibe.
K. hätte vergangene Saison für Uwe Knief einspringen sollen, der uns verlassen hatte, weil er irgendwo in der Nähe von Heidelberg wohnt. Zur Rückrunde pendelte Uwe dann doch noch mal zu unseren Spielen, wahrscheinlich aus Sehnsucht. Das hat uns sehr dabei geholfen, den Klassenerhalt in der 1. Kreisliga zu schaffen, auch wenn wir dazu in die Relegation mussten. Inzwischen ist Uwe aber endgültig weg. Dafür ist Tobi Beck aus Spanien zurückgekehrt (und bleibt), und wir haben nach unserem fränkischen Zugang Dominik Schmidt nun auch unseren Noppen-Neuling Michael Wernz in die erste Mannschaft eingebaut. Dazu kommen Ewald Fischer und der Autor dieser Zeilen an den Positionen eins und zwei. Unser Abteilungsleiter Reiner Freundorfer wird wegen einer Schulter-OP lange ausfallen, wobei ich nicht sicher sagen kann, ob er das Gelenk beim Seniorentennis ruiniert hat oder mittels einer Türklinke. Wir werden sicherlich wieder gegen den Abstieg spielen.
Angesichts mehrerer Ausfälle ist die zweite Mannschaft leider in die 3. Kreisliga abgestiegen. Die Aufstellung mit K., Michael Hellwig, Fabian Freundorfer, Michael Wernz sowie Manfred und Leo Fleischer wäre nicht schlecht gewesen, aber es haben dann zu oft Leute gefehlt. Und recht viel komfortabler wird das auch in der nächsten Saison nicht werden. Sollte also jemand einen bundesligaerfahrenen Tischtennisspieler in der Gegend kennen, der einen ambitionierten Kreisligaverein sucht, bitte melden.
Von unserer Jugend gibt es weniger gute Nachrichten. Mangels Masse haben wir unsere Mannschaft aufgelöst, nach einem sehr ordentlichen Abschneiden in der 1. Kreisliga in der vergangenen Saison. Peter Rumelsberger und Leo Fleischer werden einen Neuaufbau probieren. Wie immer, wenn wir ansonsten wenig Erfolge melden können, greifen wir gerne auf unsere Geschäftsstellenleiterin und Trainingspartnerin Karen Hellwig zurück: Sie ist dieses Jahr bei den bayerischen Seniorenmeisterschaften Dritte im Einzel und zweite im Doppel geworden und mit ihrer Schwabhauser Frauenmannschaft in die Oberliga aufgestiegen. Wir versuchen sie natürlich regelmäßig zu überreden, in unserer Herrenmannschaft anzutreten, zumal auch in der Frauen-Oberliga erst einmal weiter mit Zelluloid gespielt wird. Die Regeln würden das zulassen, und sie wäre eine extreme Verstärkung. Aber wer weiß, vielleicht fliegen wir vorher sowieso alle miteinander in die Luft. Kawumm!
Andreas Liebmann, Oktober 2014